FIT UND FERTIG

FIT UND FERTIG

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VON WEGEN GUTE ALTE ZEIT! WURDEN DIE FÜßE FRÜHER NOCH IN DEN SKISCHUH HINEINGEZWÄNGT UND MEHR ODER WENIGER RÜCKSICHTSLOS FESTGESCHNALLT, SORGT MAN SICH HEUTZUTAGE GERADEZU RÜHREND UM DAS WOHLBEFINDEN VON RIST, SOHLE UND ZEHEN. MODERNE BOOTFITTING-TECHNOLOGIEN MACHEN ES MÖGLICH.



Der Fuß: 26 Knochen, 33 Gelenke, über 100 Bänder und jede Menge Nerven, die sofort ans Gehirn melden, wenn es wo zwickt oder zwackt. Ein kleines Universum also, das an Komplexität kaum zu überbieten und nur mit Mühe zu verstehen ist.

Der Fuß:

Erschwerend kommt hinzu, dass kein Fuß dem anderen gleicht und Fehlstellungen zumindest nicht die Ausnahme sind. Sprich Spreiz-, Senk-, Knickfuß und so weiter. Kein Wunder also, dass ein standardisierter Skischuhe den individuellen Ausprägungen nur in Ausnahmefälle völlig gerecht werden kann und seine Aufgaben auf der Piste perfekt erfüllt. Druckstellen, kalte Füße, Krämpfe, Sohlenbrennen, Blasen oder eingeschlafenen Füße kann die Folge sein. Fragt sich also zunächst, welche Aufgaben ein Skischuh eigentlich erfüllen muss. Es ist eine ganze Menge.

Multitalent

Zunächst einmal verbindet der Schuh den Fahrer mit dem Ski. Daraus folgt, dass auch die Kraftübertragung in seinen Aufgabenbereich fällt. Genauer gesagt erledigt diesen Job die Schale aufgrund ihrer Härte. Ist sie zu weich, würden die meisten Bewegungen ins Leere führen und das Steuern eine Menge Kraft erfordern. Die zweite Aufgabe der Schale ist es, den Fuß vor Ver-letzungen zu schützen sowie ihn zu stützen. Deshalb erlaubt sie nur das Abwinkeln des Fußes und schützt damit so gut wie möglich alle Sehnen und Bänder vor Verletzung. Der gepolsterte Innenschuh wiederum soll das Entstehen von Druckstellen vermeiden. Darüber hinaus wärmt er den Fuß und bietet ihm ausreichend Komfort. So die Theorie. Damit Skischuhe diese Aufgaben auch in der Praxis erfüllen können, muss vor allem eines gewährleistet sein: die exakte Pass-form. Genau hier kommt Bootfitting ins Spiel.

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Prozess Bootfitting

Bootfitting beschränkt sich nicht auf eine Einzelmaßnahme. Eigentlich ist es ein Prozess, den man als Skifahrer am besten mit seinem beratenden Verkäufer gemeinsam in Angriff nimmt. Kurz zusammengefasst besteht das Prozedere aus Fußvermessung und -analyse, Auswahl des Schuhs, Anpassung sowie Auswahl der Socken und im Bedarfsfall Einlagen. Wir konzentrieren uns hier in der Folge auf die Anpassung, die man in zwei Bereiche unterteilen kann: Innen-schuh-Anpassung und Schalen-Anpassung bzw. beides gemeinsam. Dafür gibt es unterschiedli-che Methoden, von denen wir einige vorstellen wollen. Bei den meisten spielt Hitze eine wichti-ge Rolle, mit der auf verschiedene Weise ein gemeinsames Ziel verfolgt wird: die perfekte Pass-form für den individuellen Fuß.

Memory Fit

Memory Fit basiert auf der thermischen Anpassung von Schale und Manschette. Das Verfahren besteht aus drei Schritten, die laut Herstellangaben nur zwölf Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Erhitzen, Einprägen, Aushärten. Das geht so: Zunächst wird der Innenschuh aus dem Skischuh entfernt und die Schale fünf Minuten in den 117 °C heißen Ofen gestellt. Dann Innenschuh wieder in die erwärmte Schale einstecken. Nun steigt der Kunde in den ausgewärmten Schuh, der auf einer Kühlmatte steht. Der Innenschuh nimmt die Wärme der Schale an und passt sich gleichzeitig mit dieser an den Fuß an. Das dauert zwei Minuten, in denen man stillhalten muss. Dann wird die Kühlmatte um den Schuh gewickelt. Und nach weiteren fünf Minuten hat sich die perfekte Passform von Innenschuh und Schale dauerhaft verfestigt.



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Custom Shell

Die Custom Shell-Technologie funktioniert ebenfalls mithilfe von Thermoverformung der Kunst-stoffschale, wenngleich hier der Innenschuh beim Erhitzen in der Schale bleibt. In der nunmehr dritten Generation dieses Verfahrens betrifft die Modellierung jetzt auch den gesamten unteren Schuhteil. Das heißt, der Fuß bekommt im Fersenbereich einen besseren Halt und der Vorfuß mit den Zehen genau den Platz, den er braucht. Zu diesem Zweck schlüpft der Skifahrer nach dem Erhitzen in den Skischuh und wartet bis dieser wieder abgekühlt ist. Das Material lässt sich einmalig dehnen, erstarrt und passt sich der Fußform an. Die endgültige Aushärtung erfolgt in einem eigenen Kühlschrank. Das gesamte Fitting-Prozedere dauerst ca. 20 Minuten.

Vacuum Fit

Für das Vacuum Fit-Verfahren wurde sogar ein spezielles Hightech-Polymer entwickelt. Es zeichnet sich unter anderem durch seine Formbarkeit schon bei 80 °C aus. Außerdem durch seine hohe Temperaturstabilität und das geringe Gewicht. Nach der Erwärmung auf besagte 80 °C steigt man mit dem Innenschuh in die Schale ein. Dann wird ein sogenanntes Cooling- und Compression Pad angelegt und die Standposition in der eigens entwickelten Vacuum Fit-Station eingerichtet. Per Druckluft passt sich der gesamte Schuh an den Fuß an und hält die Form nach dem Abkühlen. Der Prozess dauert 20 Minuten. In einem aktuellen Update wurde die Vacuum-Station und das Compression Pad weiter optimiert. Der Druck kann nunmehr im Knöchel- und im Vorderfußbereich jeweils separat zwischen 80 und 360 Millibar dosiert werden, was für eine noch exaktere Anpassung an die individuelle Fußanatomie sorgen soll.

Weitere Bootfitting-Technologien

Neben diesen relativ ähnlichen Methoden sind in Sachen Bootfitting noch zwei weitere Zugänge erwähnenswert. Einmal wird mit einem speziellen Schaum gearbeitet, der in den Skischuh ge-spritzt wird. Der Schaum verfestigt sich und bildet mit dem vorgefertigten Innenschuh aus Le-der ein individuell angepasstes Ergebnis. Dieser Fittingprozess nimmt 30 Minuten in Anspruch. Bei einem anderen Fitting-Vorgang wird mit dem natürlichen Material Kork und mit Harz gear-beitet. Kork ist nicht nur dank seiner höheren Dichte ein natürlicher Isolierstoff. Kork zieht sich im Gegensatz zu Schaum und anderen Materialien bei der Kantenauslösung auch nicht zusam-men. Zudem passt er sich mit der Zeit auf natürliche Weise der Fußform an verschmilzt quasi von selbst mit der Schale.

Anpassung jetzt auch für Tourenskischuhe

Dass man mit Bootfitting den Konsumenten am absolut richtigen Fuß erwischt hat, zeigt auch die Tatsache, dass diese Herangehensweise nun auch im Tourenskibereich Einzug hält. Die oben beschriebene Vacuum Fit-Technologie hat hier den Anfang gemacht. Sie sorgt bei einem extra entwickelten Hybridschuh aus Deckel und Überlapper zusammen mit einem Thermo-Innenschuh für eine anatomische Anpassung.





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